Gräber für die Vergessenen

240404PC Die Hüter der namenlosen Toten

Mensch Mahler am 04. April 2024

Was geschieht eigentlich mit den Leichen der ertrunkenen, erfrorenen oder verhungerten Geflüchteten? Auf der Balkanroute werden sie oft in anonymen Gräbern verscharrt. Auch die Tausenden, die das Mittelmeer verschluckt hat, bleiben namenlos. Nihad Suljic lässt das keine Ruhe. Die letzte Würde des Menschen ist und bleibt der Name. Die Persönlichkeit. 

In Tuzla in Bosnien hat er ein Hilfswerk gegründet, das sich nicht nur um Lebende kümmert. Sondern auch um die Toten. Er sagt: „Wenn wir schon nicht das Leben dieser Toten retten konnten, wollen wir ihnen wenigstens im Tod ihre Würde zurückgeben.

Gemeinsam mit der österreichischen Hilfsorganisation SOS Balkanroute kümmert sich Suljic um verwahrloste Gräber, Setzt Grabsteine, recherchiert Namen und schreibt sie auf die Steine.

Nicht die Drina, der Fluss, hat die Menschen getötet, sondern die Politik der Stacheldrähte und der Abschottung. 

Warum die Sorge um die Gräber? Kein Trauerprozess kann wirklich beginnen, wenn man nicht weiß, wo die Angehörigen begraben sind, sagt Suljic.

Ich musste an meine Großmutter denken. Auf der Flucht auf der Balkanroute musste sie 1946 ihren gestorbenen Mann, meinen Großvater, zurücklassen. Als sie viele Jahre später sein Grab in Oberösterreich fand, warf sie sich auf die feuchte Erde, weine und klagte und konnte so Abschied nehmen.

Gräberfürsorge ist nicht für Toten. Sondern für die zurückgebliebenen Lebenden. Danke, Nihad Suljic.



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